Hartwader Friese 2012
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- Erstellt am Sonntag, 22. Januar 2012 15:19
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Der Friesenring begleitet die Kranzniederlegung am „Hartwarder Friesen“ zum öffentlichen Gedenken an die Schlacht bei Hartwarden im Jahre 1514.
Organisiert wurde diese von dem Rüstringer Heimatbund und begleitet von Fahnenträgern, sowie Abordnungen der beteiligten Vereine. Nach der Kranzniederlegung im Freien und der begleitenden tollen Rede von Hans-Rudolf Mengers, dem 1. Vorsitzenden des Rüstringer Heimatbundes,
sollte es dann in der neben dem Denkmal liegenden Gaststätte „Friesenheim“ weiter gehen, wo die verschiedensten sehr interessanten Vorträge sowie ein weiterführender Informationsaustausch stattfinden sollte.
Der Einladung zur aktiven Teilnahme, sowie der damit verbundenen Möglichkeit, ebenfalls einen kleinen Vortrag halten zu dürfen, in dem wir darauf Hinweisen konnten, mit welchen Möglichkeiten wir unseren Beitrag zur Aufrechterhaltung dieser unserer Kultur erbringen, sind wir sehr gerne nachgekommen.
Bei dieser Gelegenheit konnten wir erstmalig auf die anstehende Zusammenarbeit des
Rüstringer Heimatbundes, sowie dem Friesenring hinweisen, womit unsere Beteiligung
an dem 24. Mühlenfestes der „Moorseer Mühle“ Ende August 2012 gemeint ist.
Dieses Fest wird vom Friesenring durch die Präsentation verschiedener Handwerke aus
dem 13. Jahrhundert, welche rund um die Arbeit des Mühlenhandwerks wichtig waren,
sowie der weiteren Möglichkeit diese Handwerke auch schon für die junge Generation,
interessant zu machen, und durch das eigene Erleben kennen zu lernen, unterstützt.
Abgesehen von unserem kleinen Beitrag
gab es eine Menge an interessanten
Themen, die uns sehr begeistert, sowie
einen bleibenden Eindruck hinterlassen
haben, wodurch unser Wunsch, einen
großen Beitrag zur Entdeckung,
Vermittlung und letztlich auch Erhaltung
dieser hiesigen Geschichte und
friesischen Kultur leisten zu können,
indem wir als Bindeglied zwischen
kulturellen und pädagogischen Einrichtungen,
sowie der Bevölkerung aktiv werden können,
nur noch größer geworden ist.
Deshalb nun auch an dieser Stelle wieder einige interessante Informationen zu dem eigentlichen Hintergrund dieser Gedenkfeier, sowie der Gegend:
Seit dem 11. Jahrhundert wurden Kirchen, die bis dahin aus Holz bestanden, nun aus Stein gefertigt. Dadurch wurde Rodenkirchen im Jahre 1244 das erste Mal nach der Erbauung der St.-Matthäus-Kirche urkundlich erwähnt, existierte aber schon seit vielen Jahrhunderten, was die Warfenforschung von Herrn W. Haarnagel, dessen Forschungsergebnisse schon in unsere in Zusammenarbeit mit dem Museum „Leben am Meer“ entstandene umfangreiche Ausarbeitung
„Töpferei in Friesland“ aus der Reihe „Geschichte zum Erleben“ einbezogen wurden, zeigte. Demnach gibt es Funde, die belegen, dass die ersten Besiedlungen in diesem Gebiet auf den Beginn des ersten Jahrhunderts zurückgehen.
Diese Ergebnisse verdankt man dem Anstieg des Meeresspiegels, was der Auslöser
für eine stetige Aufschüttung des Dorfes Rodenkirchen war, so dass die verschiedenen
Schichten bei Grabungen scheinbar gute Zeitzeugen hervorbrachten.
Schauen wir uns das Wappen von Rodenkirchen an, sehen wir, wie sehr sich dort
historische Themen widerspiegeln, ohne dass es dem Nichtwissenden auffällt.
Denn dieses Wappen zeigt einen Friesen,
der mit Rundschild und Kletzie bewaffnet ist.
Die Kletzie, im Prinzip eine friesische
Entwicklung, war ein verlängerter Speer,
der am unteren Ende einen Zwei,- oder Dreifuß
hatte, mit dem die Friesen, nach Fertigstellung
ihres „Goldenen Rings“, dem geschlossenen
Deich, nun die zahlreichen Gräben, welche für
die Entwässerung des Gebietes von Nöten
waren überqueren, oder besser gesagt über-
springen konnten. Aus diesem Grund ist auch
die Bezeichnung Sprungspeer sehr passend.
Auch heute noch in abgewandelter Form als
Kluvstock bekannt und bei dessen oftmaligen
Verwendung bei Touristenaktionen zu sehen
oder eben bei uns in Originalform, sowie für
Kinder mit einer eigens zur Erklärung und
Ertestung dieser Funktion angefertigten
kleineren Variante. Ein solch bewaffneter Friese ziert ebenfalls einen Großteil des
Wappens der Gemeinde Stadland, wozu neben Rodenkichen noch Schwei, Seefeld,
sowie Kleinensiel gehören und soll demnach an die Schlacht in Hartwarden im Jahre
1514 erinnern. In dieser Schlacht ging es um den Freiheitskampf der Friesen gegen die
Ritterheere des Grafen von Oldenburg, sowie der Herzöge von Braunschweig, Calenberg
und Lüneburg. Generell war es so, dass die Herrscher von Bremen und Oldenburg,
welche sich zusammengeschlossen hatten, an dem Zugang zum Meer interessiert waren,
um damit die Möglichkeit der Sicherung ihrer Schifffahrt verstärken zu können.
Darüber hinaus bestand ein weiteres großes Interesse an dem fruchtbaren Marschenland
welches sie für sich gewinnen wollten. Diesem Interesse stand jedoch ein friesischer
Bauernfreistaat entgegen, so dass es immer wieder zu Konflikten kam.
Ein Beispiel dieser Konflikte wäre der Bau der Friedeburg in Atens (Nordenham)
im Jahre 1407, welche als Zwingburg einen Stützpunkt bieten und den bremischen
Herrschern zur Sicherung der friesischen Gebiete Stadland und Butjadingen,
sowie der Bekämpfung von Seeräubern im Gebiet der Wesermündung dienen sollte.
Doch lange bestand diese Burg nicht, so dass Stadland im Jahre 1424 von einem
Zusammenschluss friesischer Häuptlinge und deren wohl 4000 Mann starken
Begleitung wieder besetzt wurde und so gut wie kampflos zurück gewonnen wurde.
Am 29. Juli jenen Jahres verlor Bremen bedingt durch einen Friedensschluss in Oldenburg
seine Hoheitsrechte über Stadland und Butjadingen, so dass die Häuptlinge sich dazu
entscheiden, die Friedeburg nicht zu besetzen, sondern zu vernichten, indem sie sie
im Jahre 1425 schon wieder abrissen.
Auch schon rund 200 Jahre zuvor hatte es 1234 eine heftige Auseinandersetzung der Friesen,
mit dem Bremer Bischhof gegeben, was einen unschönen Ausgang für die Friesen in der
Schlacht von Altenesch mit sich gebracht hat. Lesen Sie hierzu unseren Bericht über die
Kranzniederlegung - Altenesch im Jahre 2011.
Zur Vorsorge all dieser Streitigkeiten, wurde die oben schon erwähnte Kirche von Wällen und Gräben umgeben, so dass sie bei solchen Auseinandersetzungen mit den Bremern und Oldenburgern einen guten Schutz bot, was die noch heute erkennbaren Hinterlassungen der Schlacht bei Hartwarden an der Mauer dokumentieren. Nachdem jedoch die Zeit der Friesenhäuptlinge vorbei war, war es auch mit der Selbständigkeit der Friesen vorbei. Im Jahre 1509 wurden die Friesenstaaten Butjadingen und Stadland von verbündeten Truppen aus Oldenburg und Braunschweig unterworfen was dann in der Schlacht bei der Hartwarder Landwehr ein grausames Ende fand. Als Landwehr wird ein Bauwerk bezeichnet, das aus Erde, Hecken, oder eben wie hier aus wasserführenden Landgräben errichtet wurde und zur Grenzmarkierung-, oder auch Sicherung, also dem Schutz der jeweiligen Siedlung und deren Gebiete diente.
Im Gegensatz zu der diesjährigen Zeit und unserem kurzen Aufenthalt am Denkmal selbst, soll es im Jahre 1514 ein kalter Winter gewesen sein, als die Welfenkönige welche ursprünglich fränkisches Geschlecht von europäischer Bedeutung waren, gegen die Butjenter und Stadlander aufmarschierten.
498 Jahre ist das nun schon her und kennzeichnet wohl das Ende der Friesischen Freiheit, da hier der lang andauernde Kampf der Friesen für Ihre Freiheit größtenteils niedergeschlagen wurde.Die Friesen hatten einen rieseigen Deich aus Eis, die Hartwarder Schanze, zur Verteidigung am Sieltief gebaut. Doch Ihr Gegenüber muss zum einen ein übermächtig großes Heer aus Braunschweiger- und Oldenburgertruppen gehabt haben, welches zudem auch noch über gute Ausrüstungen verfügt haben muss, und darüber hinaus einer Legende nach von einem Verräter einen Weg gezeigt bekam, wodurch sie die Wallanlagen umgehen konnten. Die Friesen gingen mit Ihrer zum Leben gehörenden Einstellung „Lever dod as slav“ also „lieber Tod als Sklave“ in diesen Kampf und starben für diese Einstellung.
Diese ereignisreichen, bedeutenden und in der heutigen für uns friedlichen Zeit unvorstellbaren permanenten Auseinandersetzungen haben die Entstehung und somit heutige Zeit geprägt und sollten nicht in Vergessenheit geraten. Sie sollten aktiv genutzt werden, um sich unsere heutige Lebensweise, die ohne drauf zu achten, als selbstverständlich hingenommen wird, wieder einmal vor Augen zu führen.
Auch sollten wir mit Blick auf dieses Wissen gewisse Werte wie Freiheit in der Gewissheit genießen, das sich unsere Vorfahren diese hart erkämpfen mussten und es ein hohes, wenn nicht sogar das höchste Gut war. Eine kleinen fotografischen Einblick anlässlich der Gedenkfeier erhalten Sie bei unserem Album Kranzniederlegung Hartwader Friese 2012.
In diesem Sinne bedanken wir uns für das Lesen dieses kleinen Berichtes und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen.
Ihr Friesenring